Erde, Triebe und leckere Schweinereien

Wenn im Restaurant Lago am See die Menükarte wechselt, lädt das Team um Sternekoch Klaus Buderath zur Kochwerkstadt in die Showküche des Hotels in der Ulmer Friedrichsau. Im kleinen Kreis kann man den Könnern dort über die Schulter blicken, sehen, wie hochwertigste Lebensmittel in der Spitzengastronomie verarbeitet werden und alle Fragen loswerden, die man einem Kochprofi schon immer mal stellen wollte. Doch nicht nur die kulinarischen Genüsse stehen bei der Kochshow im Mittelpunkt – zu jedem Fachbereich lädt das Lago einen Referenten, der von seiner Passion für Lebensmittel zu berichten weiß.

Viermal im Jahr gibt es im Lago ein neues, an die Jahreszeit angepasstes Menü. Zum Wechsel in den Fachbereich „Erde und Triebe“ verriet Judit Wohlfarth vom Hofgut Silva, wie viel Einsatz es braucht, um das beste Schweinefleisch produzieren zu können. Auf weitläufigen Weidehängen, auf Streuobstwiesen und unter Kastanien wachsen am Rand des Schwarzwaldes in extensiver Freilandhaltung Berkshire und Tamworth-Schweine heran, die dann zu extrem leckeren Produkten wie Räucherschinken, Gewürzspeck oder Blutwurst verarbeitet werden. Wie anders ein mit so viel Hingabe produzierter Schinken schmeckt (vor allem wenn man ihn mit frischem Spargel, jungen Kartoffeln und einer wunderbar sämigen Sauce Hollandaise serviert), konnten die Gäste der Kochshow live erleben.

Dass „Erde und Triebe“ in den richtigen Händen zum Hingucker werden, bewies Klaus Buderath schon bei der Vorspeise – Forelle, Haferwurzel und Erbsentriebe. Die Haferwurzel, die ein wenig an ein hutzeliges Märchenwesen erinnert, schmeckt gegart überraschend nach Topinambur und Schwarzwurzel. Und ebenfalls für viele Gäste neu war, wie saftig und zart eine Forelle schmeckt, wenn sie bei nur 42 Grad gegart wurde.

Eine Reminiszenz an die Hamburger Wurzeln des Kochs war seine Kreation „Scholle, Krabbe, Ei“ – natürlich auf eine Art fernab der nordischen Imbissbudenzubereitung interpretiert. Die „Triebe“ wurden hier mit einer Frankfurter Kräutersauce repräsentiert, der Speck war eine aufwendig gepoppte Schweineschwarte und die Scholle ein nur kurz mit dem Bunsenbrenner angeheiztes Gedicht. Hier gab es wieder einen Trick aus der Küche zu lernen: Das wachsweiche Eigelb entsteht, wenn man ganze rohe Eier einfriert und dann wieder auftauen lässt, verriet Buderath.

Insgesamt hat das Erde und Triebe-Menü sechs Gänge und wird durch einen Nachtisch aus Rhabarber, Erdnuss und Rübenkraut abgeschlossen. Bis zum 31. Mai gibt es das Menü, danach wechselt es zum Fachbereich Feld und Garten.

http://www.lagogenusswerkstaetten.de

Autor: Fridtjof Atterdal
Journalist, Fotograf
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Amerikanische Bierträume

Die Sierra Nevada Brewing Company aus Kalifornien und die Riegele Braumanufaktur haben gemeinsam den Braukessel angeworfen. Dabei sind zwei extrem trinkenswerte Biere entstanden.

 

Brau-Legende Ken Grossman persönlich hat in Augsburg gemeinsam mit Sebstian Priller das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Riegele Braumanufaktur und der Sierra Nevada Brewing Company aus Kalifornien vorgestellt: Bei einem bayerisch-amerikanischen Surf & Turf im Biergarten der Braumanufaktur gab es die ersten Kostproben des Bayerisch Ale 2, das die Familienbrauereien als „Collaboration Brew“ gemeinsam ausgeheckt haben. Für das Bier haben die Braumeister einigen Aufwand betrieben – sechs Hopfensorten, zwei Malztypen und dreierlei Hefestämme wurden dabei verwendet, wie Braumeister Frank Müller bei der Präsentation stolz aufzählte. Herausgekommen ist ein frisches Sommerbier mit Fruchtnoten von Maracuja, Pfirsich und Aprikose.

Grossman hatte dafür noch einige Flaschen seines „Oktoberfest-Beer“ im Gepäck, das er im vergangenen Jahr mit dem Riegele-Brauteam in Kalifornien gebraut hatte und das es sonst nur auf dem nordamerikanischen Markt zu genießen gibt.

Ken Grossman – seit 36 Jahren im Craftbier-Geschäft, einer der erfolgreichsten amerikanischen Brauer und mittlerweile Bier-Milliardär, lobte die Zusammenarbeit mit der bayerischen Brauerei. Er habe viel von den Riegele-Braumeistern gelernt und bewundere die Tradition und das Wissen der Augsburger. „Wir sind beide Familienbrauereien, unsere Kinder packen mit an und wir teilen die Leidenschaft für großartiges Bier“, so der Amerikaner.

Riegele Braumeister Müller war ebenfalls voll des Lobes für die Kollegen aus Kalifornien. „Hier sind zwei Brauereien zusammengekommen, die quer denken und stets nach neuen Inspirationen suchen“, sagte er. Besonders angetan war er von der Wissbegierde, mit der Grossman an die Kooperation herangegangen sei.

Was die beiden Brauereien als nächstes aushecken, wurde nicht verraten. Nur so viel, war Grossman zu entlocken: „Wir arbeiten an weiteren Projekten mit Riegele.“

Drei Tage Spitzenküche

Als Reporter bekommt man im Restaurant die Sonnenseite zu sehen. Das Gegenüber ist gut aufgelegt, die Küche tipptopp und Köche und Bedienungen verrichten lächelnd ihre Arbeit.  Aber wie geht es in der Küche zu, wenn 60 Gäste im Lokal sitzen, die einen noch die Vorspeise genießen, während der nächste Tisch bereits auf den dritten Gang wartet?

IMG_1651Bei meinem Interview für Meiningers Craft habe ich den Münchner Spitzenkoch Shane McMahone gefragt, ob ich für einige Tage seine Küchenmannschaft verstärken dürfte. Drei anstrengende, spannende und vor allem bereichernde Tage konnte ich so hinter den Kulissen von „Shane’s“ im Glockenbachviertel verbringen.
„Kochen ist Krieg“ ist der Titel eines populären Buchs mit Stories aus Deutschen Küchen. „Kochen ist Präzision“, „Kochen ist Leidenschaft“, oder „Kochen ist ein verdammt hartes Stück Arbeit“, würde mir besser als Titel gefallen. Der Ton in der Küche mag hin und wieder an einen Kasernenhof erinnern, mit kurzen knappen Kommandos und dem obligatorischen „Jawoll“ der Köche. Missverständnisse könnten das sorgsam ausgetüftelte Menü ruinieren und wenn es Schlag auf Schlag gehen muss, sind keine langen Reden angesagt. Doch die Stimmung im Team ist locker bis freundschaftlich – solange niemand Shane’s Anspruch an perfekte Kochkunst in Frage stellt.
Shanes - 4 (1)Mit geschlossenen Augen könnte ich jetzt sagen, ob ich in einer Spitzenküche stehe. Qualität duftet. Reife Tomaten verströmen ihr süßes Aroma, Kartoffeln riechen erdig, Töpfe mit Basilikum erinnern an Urlaub am Mittelmeer. Auf dem Herd verbreiten angeröstete Knochen mit Gemüse und Gewürzen als Ansatz für Wild- oder Geflügelfonds ihr kräftiges Aroma. Und immer wieder Kräuter. Händeweise wandern sie in Saucen oder geben Gerichten fein dosiert den letzten Schliff.

Für Köche und Küchenhelfer beginnt der Arbeitstag gegen Mittag. Was Abends in Windeseile hergerichtet werden soll, wird in den Stunden zuvor geputzt, geschnippelt, blanchiert und in Blechwannen oder Kunststoffgefäßen ins Kühlhaus gepackt. Nachtische werden kreiert, aus einer Steige frischer Himbeeren entsteht ein cremiges rosa Sorbet, das später mit frischen Früchten, weißer Schokolade und Cremeschnitten auf dunklen Tellern angerichtet die Gäste zu Lobeshymnen animieren wird. Drei Köche und zwei Küchenhelfer sorgen für das perfekte „Mise en Place“ für den Abend.

Shanes - 6Wenn die Angestellten zu arbeiten beginnen, hat Shane schon einige Stunden Arbeit hinter sich. Nur wenige Minuten vom Restaurant entfernt befinden sich die Münchner Großmarkthallen – für Shane ein Ort der Inspiration. In seinem Restaurant gibt es keine Speisekarte, immer aufs Neue kreiert der Koch Gerichte aus den Zutaten, die ihm bei seinem Bummel durch die Stände in besonderer Qualität auffallen. „Überraschungsküche“ nennt er sein Konzept. Seit über 20 Jahren kommt er fast täglich hierher – „hey Shany“ schallt es ihm überall von Lieferanten entgegen. Kistenweise wandern Salat, Paprika, Gemüse und Kräuter in den Lieferwagen, an einem Stand ersteht er noch einige ansehnliche Trüffel.

IMG_1688Die Voraussetzung für Shane’s Spontanküche ist Erfahrung. Sieben Jahre hat er unter anderem bei Hans Haas im Tantris und im Königshof bei Bobby Bräuer gearbeitet, bevor er den Schritt zum eigenen Lokal wagte. Diese Erfahrung gibt er jetzt an die jungen Köche im eigenen Lokal weiter. Seine Küche vereint asiatische Elemente mit mediterranen oder auch österreichischen Komponenten. An diesem Abend gibt es unter anderem Tataki vom Bluefin Tuna, gebratene Jakobsmuscheln mit Artischocken, Black Cod mit Dashi Linsen, ein Carpaccio vom Iberico-Schwein mit schwarzen Trüffeln, Schwarzfederhuhn mit Asia Spargel und ein Basilikumsorbet.

Eine Herausforderung sind die vielen Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Essgewohnheiten, die die Gäste mittlerweile haben. An diesem Abend gibt es Veganer, Vegetarier, Gluten-Unverträglichkeit und Lactose-Intoleranz. Für jeden Einzelnen ändert das Team das Menü so ab, dass er nur die Lebensmittel bekommt, die er essen mag – und es trotzdem keine Abstriche im Geschmack gib. Besonders kniffelig ist eine junge Dame mit Histaminintoleranz – denn diese Stoffwechselerkrankung schließt unter anderem alle fermentierten Lebensmittel aus – dazu gehört Essig, fast alle Gewürze, aber auch die meisten Gemüse und frischen Früchte.

Shanes - 9 (1)Wenn die Gäste am Tisch sitzen, verändert sich die Stimmung in der Küche. Wo zuvor noch geschwätzt und gescherzt wurde, herrscht jetzt absolute Konzentration. Jeder arbeitet an seinem Platz, zu hören sind nur die knappen Ansagen von Shane, wenn die Bestellungen eintreffen. Jetzt geht es nicht mehr nur um Geschmack, sondern auch um Ästhetik. Jeder Teller wird akkurat angerichtet – trotzdem achtet der Chef darauf, dass alles „freehand“ aussieht.

IMG_1660Für das Carpaccio wurden zuvor hauchdünne Scheiben vom Iberico-Schweinebraten aufgeschnitten, die jetzt sorgsam auf die Teller drapiert, mit gepoppter Schweineschwarte bestreut und mit Goma Dressing, und Murray River Salt Flakes  abgeschmeckt werden. Die schwarzen Trüffel, die Shane am Vormittag erstanden hat, hobelt er jetzt großzügig über die Vorspeise. Der Aufwand kommt an – immer wieder richten die Bedienungen Komplimente der Gäste aus.

Es ist fast 23 Uhr, als die letzten Gerichte die Küche verlassen. Die Mannschaft ist rechtschaffend müde, doch jetzt muss die Küche blitzblank aufgeräumt werden. Wer hungrig ist, kann sich an „Resten“ gütlich tun – und auch das Endstück vom Rehbraten schmeckt verdammt lecker.

Nach drei Tagen bewundere ich alle Köche, die trotz enormer Anspannung und körperlicher Leistung jeden Tag aufs Neue Spitzenleistungen für ihre Gäste bringen. Das Kreuz schmerzt, die Oberschenkel melden nach dem stundenlangem Stehen ebenfalls Protest an – und ich freue mich darauf, wieder früh ins Bett zu kommen. Und morgen Abend gehe ich irgendwo richtig lecker essen!

Autor: Fridtjof Atterdal
Journalist, Fotograf
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Überraschungen im Shane’s

Essen ist Vertrauenssache. Richtig viel Vertrauen haben die Gäste im Münchner Top-Restaurant „Shanes’s“ im Glockenbachviertel – denn was da auf den Tisch kommt ist stets eine Überraschung!

Auf der Speisekarte kann man wählen, ob es vier oder bis zu acht Gänge sein sollen – doch dann begibt man sich in die Hände des irischen Meisterkochs.

shane futter_v„Just cook ist“ ist das Motto des Hauses, und was gekocht wird entscheidet Shane McMahon morgens auf dem Großmarkt. „Bei meinem Einkauf nehme ich nur das, was mich an dem Tag anlacht und woraus ich ganz spontan kreative Rezepte entwickeln kann“, beschreibt Shane sein Konzept. Klar kann man bei der Bestellung sagen, was man nicht mag oder worauf man allergisch ist.

Dass das klappt, beweisen viele gute Bewertungen, zum Beispiel bei Trip Advisor. Shane hat sein Handwerk unter anderem bei Hans Haas im Tantris und im Königshof bei Bobby Bräuer gelernt.

https://www.shanesrestaurant.de

 

Trendiges für Genießer

Trendfood querWas „Trend-Food“ genau ist, weiß ich immer noch nicht – aber nach ein paar vergnüglichen Stunden auf der gleichnamigen Messe in Augsburg ist jedenfalls klar, dass da einige ganz spannende Projekte am Start sind

Larah Sophie Neidlinger ChailoveWie schmeckt eigentlich verliebt? Sarah Sophie Neidlinder beantwortet die Frage mit ihrem „Chailove“ genannten Heißetränk – süß und fruchtig. Der Chai wird in Augsburg gemischt und enthält nur Natur, wie Sarah betont. Nach zwei Bechern muss ich sagen: I am in Love!

MoonshineDie Prohibition ist zum Glück
Vergangenheit, aber die Idee der Schmuggler, ihren Schwarzgebrannten in Einmachgläser abzufüllen hat den Jungs von O‘ Donnel Original Moonshine so gefallen, dass sie ihren Weizenbrand auch in bauchigen Gläsern anbieten. Sieht irgendwie lustig aus und läuft gut die Kehle runter.

Christoph Steinle_AugustDen August Gin aus der Fuggerstadt durfte ich schon auf der Augsburger Frühjahrsausstellung kosten – aber jetzt habe ich auch den Kopf hinter dem Getränk kennengelernt. Christoph Steinxle macht mit seinen Leuten einen tollen klassischen London Dry Gin, basierend auf feinsten biologischen Zutaten aus  der Region: Wacholder, Schlehe, Koriander, Angelika, Orangenschalen, Kardamom, Zimt und Muskat. Was das Wässerchen ungewöhnlich macht, ist der Geschmack von Zirbenkiefer, der bei der Produktion entsteht.

Ich werde das eine oder andere sicher in nächster Zeit genauer unter die Lupe nehmen – mehr also in Kürze.