Auf Einladung von Sternekoch Joachim „Jockl“ Kaiser hat sich Metzger, Sternekoch und Buchautor Wolfgang Müller in die Küche von Meyers Keller in Donauwörth aufgemacht, um den Feinschmeckern im Ries die fachgerechte Verwertung eines Borstentieres näher zu bringen. Eine halbe Sau – ein deutsches Landschwein – war das Ursprungsprodukt, das „Nose to Tail“ fein säuberlich in seine fleischigen Bestandteile zerlegt wurde. Und staunend erfuhren die Gäste, dass mit etwas Kreativität aus wirklich jedem Teil des Tieres eine Köstlichkeit entstehen kann. Unter anderem Bratwürste – so lecker, dass man gar nicht mehr aufhören konnte, sie zu verspeisen.
„Schweine haben ja in der Küche nicht den besten Ruf“, bedauert Müller, der mit seinen Büchern „Schwein“ und „Wurst und Küche“ den Tieren ein kulinarisches Denkmal gesetzt hat. Ganz einfach ist es nicht, als Hobbykoch an die ausgefalleneren Teile wie Schweineschnauze oder –füße zu kommen. Denn die gehen mittlerweile fast ausnahmslos nach China, wo unsere „Abfälle“ begeistert verspreist werden. Die Chinesen bestimmen übrigens auch den Spareribs-Preis, obwohl dank Barbecue-Trend die leckeren Rippen mittlerweile auch wieder auf deutschen Tischen zu finden sind.
Was ist der Unterschied zwischen einem Koch und einem Metzger, wenn er ein Tier unter dem Messer hat? „Der Koch lebt vom Fleisch und schneidet deswegen das Fleisch perfekt sauber vom Knochen ab“, weiß Müller. Der Koch will Geschmack in der Brühe und geht deshalb großzügiger zu Werke. Von der Modeerscheinung „magere Fleischstücke“ zu schneiden hält Müller gar nichts. „Das Fett muss dran bleiben“. Wobei von seinen Koteletts – mit einem fingerdicken Fettrand leicht auch zwei Esser satt werden dürften.
„Nose to Tail“ – die komplette Verwertung des Tieres ist Müllers besonderes Anliegen. Bei ihm gibt es dann Kroketten – außen kross und innen cremig – die aus gekochter und gewolfter Schwarte, Béchamele-Sauce, Kräutern und Pilzen gemacht werden. „Aus dem Kopf können elf verschiedene Gerichte entstehen“, verrät er. Das Herz wird, sauer angemacht mit Zwiebeln, zu einem auf der Zunge schmelzenden Salat.
Wenn man Müllers Bratwurst gekostet hat, die schließlich aus Fleischabschnitten und Bauchspeck entsteht, will man nie mehr eine der Nitratpökelsalz- und Geschmacksverstärkerbomben aus der Metzgerei. Salz, Pfeffer, Majoran und etwas Muskatblüte – mehr kommt nicht hinein. „Man muss den Fleischteig kräftig kneten, damit das Eiweiß abbindet“, erklärt er.
Und hat noch weitere Tipps für die Hobbymetzger auf Lager. So soll man das Fleisch in kleine Würfel geschnitten im Tiefkühler anfrieren lassen, wenn man nur einen kleinen „Haushaltsfleischwolf“ zur Verfügung hat. „Dann wird das Fleisch nicht so schnell warm und schmiert nicht“, sagt er. Soll Knoblauch in die Wurst, muss dieser zuvor in Alkohol eingelegt werden, damit er beim Reifen nicht ranzig wird. Auch Zwiebeln dürfen nur in die Wurst, wenn sie gleich gebraten wird.
„Was ist das jetzt Edelteil beim Schwein?“, will er zum Abschluss von den Gästen wissen. „Das ganze Tier“, darin ist man sich jetzt einig.
Autor: Fridtjof Atterdal
Journalist, Fotograf
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